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Das Modejahr 2017: Realität und Retro

Berlin – Sie sind wieder da: Schultern so breit, als wäre ein Bügel eingenäht. Mit den 80er-Jahren greift die Mode 2017 auf eine Epoche zurück, die im Rückblick eher als ästhetisch fragwürdig gilt.

Ziehvater dieses Trends ist Demna Gvasalia, einer der neuen Stars der internationalen Designerszene. 2016 war das Jahr der aufsehenerregenden Debüts. Maria Grazia Chiuri fing bei
Dior an, Anthony Vaccarello bei Yves Saint Laurent und ebenjener Gvasalia als Kreativchef bei
Balenciaga.

Auch 2017 sind auf dem Laufsteg wieder spannende Premieren zu erwarten. So blickt am 10. Februar die ganze Modewelt erwartungsvoll nach New York. Dann wird Raf Simons seine allerersten Entwürfe für das Label
Calvin Klein vorstellen. Der Belgier bringt mit den Stationen Jil Sander und Dior beste Reputationen mit.

In Mailand muss sich das Label Marni fortan ohne seine Gründerin Consuelo Castiglioni beweisen. Und beim edlen Herrenschneider Ermenegildo Zegna soll nun Alessandro Sartori der Klassik einen zeitgemäßen Schliff geben. Außerdem: Liefert Paris einen neuen Hype nach dem kometenhaften Aufstieg des Labels
Vetements?

Doch was da herauskommt, damit muss sich die Kundschaft erst im Herbst/Winter 2017/18 beschäftigen. Die modischen Weichen für die kommende Frühjahr-Sommer-Saison wurden dagegen längst gestellt.

Die breiten Schultern, bei Balenciaga in ihrer Überzeichnung fast schon einer Karikatur ähnelnd, sind dabei nicht die einzigen Signale eines 80er-Jahre-Comebacks. Grelle Farben und metallisch schimmernde Oberflächen fordern ebenfalls wieder ihren Platz ein. Jil Sander, Kenzo, Céline, Salvatore Ferragamo, Chanel – in vielen wichtigen Kollektionen findet man Spuren dieses Trends.

Und wenn Mode ein Spiegel der jeweiligen Zeit sein will, wie verhält sie sich dann in dieser so hochpolitischen Phase? Indem sie 2017 zum Beispiel Statement-T-Shirts propagiert. Die Botschaft auf der Brust muss zwar nicht zwingend gesellschaftliche Themen aufgreifen, aber Diors «We should all be feminists» («Wir sollten alle Feministinnen sein») zeigt: Designer wollen wieder Position beziehen.

Nirgends war das stärker zu erleben als in den USA. Nicht nur, dass die mächtige Chefin der US-Vogue, Anna Wintour, mit ihrem Hillary-Clinton-T-Shirt auch stilistisch Wahlkampf machte. Bereits wenige Tage nach dem Trump-Sieg entbrannte unter den Designern die Diskussion, ob man bereit wäre, die künftige First Lady einzukleiden. Ein Novum. Denn eigentlich ist das immer eine Ehre – und ein Prestigegewinn.

Doch wie heikel dieser Fall liegt, zeigte schon die Silvesternacht: Melania Trump feierte in einem – selbst gekauften – Kleid von Dolce & Gabbana. Auf Stefano Gabbanas Dankesworte via Instagram folgte eine hitzige Kommentardebatte.

Auch dass die Menschen weltweit in Bewegung sind, spiegelt sich in vielen Kollektionen wider, mit Trekking-Sandalen, Rucksäcken, Hosen mit aufgesetzten Taschen, Tarnfarben und Nylon. Gleichzeitig stehen diese Elemente für eine Sehnsucht des Städters nach Natur, Abenteuer und Reise. Interpretiert wird der eher funktionale Outdoor-Look, den es für Männer wie für Frauen gibt, auch in stilverwandten Uniform- und Workwear-Ausrichtungen.

Doch natürlich hat die Mode auch eine leichte, spielerische Seite – quasi als Flucht aus der Realität: So sollen Frauen im Frühjahr/Sommer 2017 zum Beispiel Vichy-Karos und an alte Tapeten erinnernde Retro-Blumenmuster tragen. Hinzu kommen markante Silhouetten: Breite Gürtel betonen die Taille. Trompeten-, Keulen- oder Ballonärmel bauen seitlich Volumen auf.

Beim Mann entfernte sich die Silhouette zuletzt wieder stärker vom Körper, nun geht sie in die Länge – bis hin zu exotischen Kaftan- oder Djellaba-Ausführungen wie etwa bei Dolce & Gabbana. Verwaschene Pastelltöne oder ein kräftiges Gelb bringen Frische in die Farbskala. Dazu gibt es Einflüsse aus Punk und Sport. Denn: Männermode ist längst ähnlich facettenreich wie die der Damen.

Fotocredits: Hartmut Reeh,Matt Crossick,Matteo Bazzi,Britta Pedersen,Ian Langsdon,Flavio Lo Scalzo
(dpa)

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