Image Image Image Image Image Image Image Image Image Image
Scroll to top

Top

Wenn Mütter und Töchter im Partnerlook gehen

Berlin – Beim Thema Partnerlook denken viele zunächst an Rentner-Paare in identischer roter Allwetterjacke, vielleicht noch an Freundinnen im Teenie-Alter, die exakt dasselbe Outfit tragen. Aber Mütter und Töchter im Partnerlook?

Väter und Söhne im gleichen knallblauen T-Shirt und der gleichen Boxershorts mit Bananenmuster? Tatsächlich bieten Modehersteller wie H&M oder WE Fashion Eltern-Kind-Kollektionen an, häufig unter der Überschrift
«Mini Me», was so viel wie Mini-Ich bedeutet. Auch Online-Plattformen stellen entsprechende Partnerlooks zusammen.

Trend bei Luxusmarken

«Es ist ein großer Trend im Luxusbereich», sagt Judith Kessler, Kindermode-Expertin beim Branchenblatt «Textilwirtschaft». «Alle angesagten Brands gibt es in der Kinderversion – von Chloé über Gucci bis Boss.» Zunehmend wollten sich auch schon Neunjährige wie 16-Jährige stylen, sagt Kessler. So habe etwa die Männermodemarke Jack & Jones im August 2018 eine Juniorkollektion herausgebracht, die sich an der Erwachsenenkollektion orientiert.

Die «Mini Me»-Fotostrecken im Internet zeigen überwiegend Mädchen im Alter von vier bis neun Jahren und ihre Model-Mamas mit ähnlichen Haarfarben und Frisuren – beide im identischen Blümchenkleid oder der gleichen gestreiften Leinenhose.

Die
Online-Stylingberatung Zalon bietet seit drei Jahren eine Mini-Me-Box an mit individuell abgestimmten Mama- beziehungsweise Papa-Kind-Outfits. «Es scheint der starke Trend zu bestehen, dass Eltern es mehr und mehr lieben, ihre Kinder zu kleinen Abbildern ihrer selbst zu stylen», beobachtet Zalon-Stylistin Rosa Biazzo. «Ohne Frage ist ein Kleinkind in Blouson und Chino oder Plisseerock und Bluse ein überraschendes Bild und deshalb umso niedlicher anzuschauen.»

Flasches Signal für die Beziehung?

Die Therapeutin Claudia Haarmann aus Essen sieht den Eltern-Kind-Partnerlook kritischer. «Der «Mini Me»-Trend bedeutet eine Angleichung zwischen den Generationen, die es faktisch nicht gibt», sagt die Autorin, die sich intensiv mit Familienbeziehungen beschäftigt hat. «Es stellt sich die Frage: Will die Tochter aussehen wie die Mutter oder die Mutter wie die Tochter?» Sie glaube, die Erwachsene wolle sich verjüngen. «Gleichzeitig wird ein Schulterschluss signalisiert: Wir sind Freundinnen. Wir sind unzertrennlich. Wir sind eins.»

Aus Sicht der Soziologin Christiane Varga spielt in Zeiten von Instagram & Co. beim «Mini Me»-Trend die Inszenierung eine wichtige Rolle. «Wenn man sich Fotos von Kindern aus den 80er und 90er anschaut, dann waren sie damals noch nicht so durchgestylt», sagt die Forscherin vom Zukunftsinstitut Wien. «Für mich ist da auch ein Stück Übergriffigkeit dabei, eine Inbesitznahme des Kindes.» Varga plädiert dafür, dass das Aussuchen von Kleidung gemeinsam mit Kindern «auf Augenhöhe» geschieht.

Zeischen Zugehörigkeit und Abgrenzung

Mode ist seit jeher ein gesellschaftliches Unterscheidungsmittel. In Bayern tragen bei Festen Jungen selbstverständlich Lederhosen wie ihre Väter und Mädchen Dirndl wie die Mütter – auch ohne das Label «Mini Me». Viele kleine Mädchen lieben es, die Stöckelschuhe oder Schminke ihrer Mama auszuprobieren. «Ein Kind braucht Zugehörigkeit», betont Therapeutin Haarmann. Wichtig sei allerdings, dass sich Kinder mit der Pubertät abgrenzen und herausfinden, inwiefern sie anders als ihre Eltern sind. «Respektlos» findet Haarmann es, wenn Mütter dann ihren Töchtern noch bei der Kleidung Vorschriften machen oder sie gar wie eine gleichaltrige Freundin im Styling nachahmen.

Fotocredits: Katja Henschel
(dpa)

(dpa)